Assortment

S. 29-30

Ich hatte jetzt drei Tage ohne jegliches Essen hinter mir. Es schien, als hätte Gott die Tür vor mir zugeschlagen. Doch am vierten gab es, Gott sei dank, ein paar Gramm Brot und eine dünne Suppe. Der nächste Tag brachte das Gleiche. Ich ahnte nicht, was bevorstand. Das Essen blieb abermals aus. Ich glaubte, es könnte wieder drei Hungertage und dann zwei Tage mit "Suppe" geben. Aber als das Essen weiterhin ausfiel und weiterhin und weiterhin und weiterhin war es für die meisten Häftlinge zu viel. Einer nach dem anderen starb.

Es war nicht nur der Hunger, es war auch die Aufgabe der Hoffnung. Ich konnte nicht mehr auf den Beinen stehen und musste zur Tür kriechen, um die Tasse Wasser am Tag zu empfangen. Erschöpft blieb ich am Türrahmen sitzen. Nur wenn der Posten dieses eine Mal am Tag die Tür öffnete, nahm ich alle Kraft zusammen und stellte mich aufrecht und so gerade wie möglich in den Rahmen. Vater sollte meinen, dass ich stark genug sei. Und auch er stand für diesen Moment in der Tür, wir konnten uns durch das Spionloch sehen. Das gab mir Kraft, denn wenn er es durchhalten konnte, musste ich es auch schaffen. Ich lauschte auf die ständigen Geräusche von außen, in der Hoffnung, dass etwas gebracht werden würde. Stattdessen hörte ich immer wieder das Öffnen von Zellen, das Schleifen von leblosen Körpern auf dem Boden und das Aufschlagen der Köpfe der Toten auf den Stufen. Wann würde es mein Kopf sein, den andere noch Lebende hören würden?

Es waren sechs Tage ohne irgendetwas Essbares vergangen, eine Tasse Wasser pro Tag war alles. Der Hungertod beginnt mit unerträglichem Kopfschmerz und schweren Magenkrämpfen. Trotz der Schmerzen versuchte ich jede Bewegung zu vermeiden, um die letzte Energie zum Atmen zu sparen. Ich konnte nicht mehr sprechen und die Augen fielen zu. Dieser Zustand hielt drei Tage an. Dann verschwanden die Schmerzen plötzlich und es setzte völlige Apathie ein. Auf meiner Pritsche liegend wandte ich mich an Gott mit der Bitte, meine Augen zu schließen, ich konnte es nicht mehr ertragen. Es war der hoffnungsloseste Moment meines Lebens. Und ich begann zu beten: "Mein Leben ist zu Ende. Wenn es ein weiteres Leben für mich geben sollte, so ist es nicht mehr mein Leben, es gehört dann Gott!"